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„Dicke Luft“ – Wettbewerbsverhältnis zwischen Luftfahrtunternehmen und Fluggastportal

Ein Fluggastportal, über das Fluggäste gegen Erfolgsprovision ihre Ausgleichsansprüche wegen Flugannullierung, Verspätung oder Nichtbeförderung geltend machen können, äußerte sich in einem an Kunden verschickten e-Mail sowie auf einer Internetseite negativ über das Kundenservice eines Luftfahrtunternehmens. Die Kunden wären sinngemäß besser beraten, sich der Dienste des Fluggastportals zu bedienen, als zu versuchen, ihre Ansprüche direkt gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend zu machen.
Das Luftfahrtunternehmen klagte ua auf Unterlassung solcher Äußerungen wegen unlauteren Wettbewerbs. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen sah der BGH (Urt. v. 27.03.2025, I ZR 64/24) ein Wettbewerbsverhältnis als gegeben an, weil die Streitteile durch das „hinreichend gleichartige Angebot“, Fluggästen die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen zu ermöglichen, in einen Substitutionswettbewerb träten. Dass das Luftfahrtunternehmen aufgrund der Fluggastrechte-VO zu den Ausgleichsleistungen verpflichtet sei, ändere daran nichts, weil es mit einer internetbasierten Eingabemöglichkeit eine über die Verpflichtungen nach dieser VO hinausgehende Dienstleistung anbiete.
Nach österreichischem Recht erfordert ein Wettbewerbsverhältnis nicht unbedingt das Angebot gleichartiger Waren oder Dienstleistungen; wichtiger ist ein (zumindest teilweise) übereinstimmender Abnehmerkreis. Ein Wettbewerbsverhältnis kann auch ‘ad hoc‘ durch eine konkrete Wettbewerbshandlung begründet werden, was va im Bereich der Rufausbeutung oder beim Behinderungswettbewerb judiziert wird.
Auch wenn Fluggastportale und Luftfahrtunternehmen auf den ersten Blick eher Opponenten als Konkurrenten sind, können daher dennoch Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schlagend werden. Ob solche Ansprüche im Anlassfall bestehen, hat nun wieder das Berufungsgericht zu entscheiden, an welches der BGH die Sache zurückverwiesen hat. Sollte das Fluggastportal den Tatsachenkern seiner Kritik beweisen können, wäre das BGH-Urteil letztlich nur ein Pyrrhus-Sieg für das Luftfahrtunternehmen.
Das „Passenger Mobility Package“ der EU
Im November 2023 hat die EU-Kommission ein sogenanntes „Passenger Mobility Package“ vorgestellt, das Vorschläge zu Änderungen der Pauschalreiserichtlinie und der Passagierrechtsverordnungen sowie einen Vorschlag für eine neue Verordnung über multimodale Reisen enthält. Teile dieser Vorschläge sind in der Praxis nicht ganz zu unrecht auf heftige Kritik gestoßen. Die Ratspräsidentschaft hat in Reaktion auf diese Kritik bereits einige Änderungsvorschläge unterbreitet.
Michael Wukoschitz durfte die wesentlichen Inhalte des „Passenger Mobility Package“ anlässlich der Konferenz des International Journal of Tourism, Travel and Hospitality Law in Lissabon sowie bei der Annual Conference on Consumer Law der ERA in Trier vorstellen.
Auch die jüngste Ausgabe der Fachzeitschrift „ReiseRecht aktuell“ widmet sich Teilen dieses Gesetzesvorhabens. Michael Wukoschitz beleuchtet in seinem Beitrag dabei die vorgeschlagene Regelung zur Ticketpreisrückerstattung bei Flugbuchung über einen Vermittler. Diese erscheint sehr umständlich und praxisfremd, wobei die vorgeschlagenen Begrifflichkeiten zusätzlich Verwirrung stiften. Es bleibt zu hoffen, dass die Vorschläge der Kommission im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine gründliche Überarbeitung und vor allem ‚Entschlackung‘ erfahren.
Schwerpunkt „Reiserecht“ im Herbst
Kaum ist die Hauptreisezeit des Hochsommers vorbei, steht das Reiserecht, einer der Schwerpunkte unserer Kanzlei, im Mittelpunkt einer Vielzahl hochkarätiger Konferenzen:
- 20.-21. September, Hamburg: Reiserechtstag der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht
- 23. September, Wien: Fluggastrechtetag der Universität Wien, unterstützt von unserer Kanzlei und mit Vortrag von Michael Wukoschitz („Gleiches ist nicht immer gleich und andere Erkenntnisse aus Luxemburg„)
- 24.-25. September, Wien: 35th World Conference des International Forum of Travel and Tourism Advocates (IFTTA) mit Vortrag von Michael Wukoschitz („Package Travel – from a Simple Concept to Increasing Complexity„)
- 6.-8. Oktober, Lissabon: ESHTE Tourism Congress mit Vortrag von Michael Wukoschitz („The New Passenger Mobiliy Package„)
- 10.-11. Oktober, Trier: ERA Annual Conference on European Consumer Law mit Vortrag von Michael Wukoschitz („The New Passenger Mobiliy Package„)