Klagen nach der „Fluggastrechte-VO“ (VO [EG] Nr. 261/2004) können nach dem 30. April 2022 in Österreich auch bei jenem Gericht eingebracht werden, in dessen Sprengel der Abflugs- oder Ankunftsort liegt (§ 101a JN). Gegenüber Luftfahrtunternehmen aus anderen EU-Staaten oder der Schweiz, Norwegen und Island galt dies aufgrund der Brüssel Ia-VO bzw. des LGVÜ und der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH (C-204/08 – Rehder; C-274/16 – flightright) schon bisher – nicht aber gegenüber Luftfahrtunternehmen aus Drittstaaten. Verfügte ein solcher Drittstaats-Carrier über kein Vermögen oder keine Vertretung in Österreich (§ 99 Abs 1 u. 3 JN), musste daher über den Umweg einer Ordination durch den OGH (§ 28 JN) ein zuständiges Gericht in Österreich bestimmt und dafür dargetan werden, dass die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. Die Folge war eine große Zahl von Ordinationsanträgen, über die der OGH entscheiden musste.
Dieses Problem wird jetzt durch § 101a JN ‚behoben‘. Die Bestimmung ermöglicht darüber hinaus aber auch bei reinen Inlandsflügen eine Klagsführung am Abflugs- oder Ankunftsort. Nicht ganz verständlich ist hingegen, warum der neue Wahlgerichtsstand auf Ansprüche nach der Fluggastrechte-VO beschränkt wurde und nicht auch für Ansprüche nach dem Montrealer Übereinkommen oder vertragliche Ansprüche aus dem Luftbeföderungsvertrag gilt, bei denen sich eine ähnliche Problematik stellen kann. Insoweit erscheint § 101a JN trotz seiner unbestrittenen Vorteile für Fluggäste eher als ‚Anlass-Gesetzgebung‘ denn als Teil eines gesetzgeberischen Gesamtkonzepts für das Zuständigkeitsrecht.